- Rechtsgebiet:
- Versicherungsrecht
Betriebshaftpflichtversicherung
Ihr zuständiger Rechtsanwalt
Die Betriebshaftpflichtversicherung ist eine Versicherungsart der Haftpflichtversicherung, die Risiken des industriellen, gewerblichen oder landwirtschaftlichen Betriebes deckt. Gesetzliche Grundlage ist § 151 VVG, in dem jedoch keine umfassende Regelung der Betriebshaftpflichtversicherung enthalten ist. §§ 149ff. VVG bieten lediglich einen gesetzlichen Rahmen mit lückenfüllender Funktion. Die genaue Ausgestaltung der Betriebshaftpflichtversicherung erfolgt durch den Versicherungsvertrag, der auf den AHB (Allgemeine Haftpflichtversicherungsbedingungen) aufbaut. Dazu kommen BBR (Besondere Bedingungen und Risikobeschreibungen) und mögliche weitere Zusatzbedingungen, in denen durch Deckungserweiterungen oder Ausschlüsse von den AHB abgewichen werden kann.
In der Praxis gliedert sich der Betriebshaftpflichtversicherungsvertrag in der Regel in mehrere Teile, die nach dem Baukastenprinzip kombiniert werden können. Im ersten Teil wird das versicherte Risiko beschrieben. Darauf folgen die Besonderen Bedingungen, Zusatzbedingungen und Risikobeschreibungen zur Versicherung des allgemeinen Betriebsrisikos. Als Zusatzbausteine werden häufig die Produkthaftpflichtversicherung und die Umwelthaftpflichtversicherung vereinbart. Dazu kommen gemeinsame Regelungen für alle Vertragsbestandteile sowie ein Teil, in dem die Beitragsberechnung geregelt wird.
Zu beachten ist, dass es sich bei der Betriebshaftpflichtversicherung nicht um einen einheitlichen Vertragstypus handelt, so dass man in der Praxis auch deutliche Abweichungen von dem vorgestellten Modell finden kann.
Wegen des Grundsatzes der Spezialität des versicherten Risikos im Bereich der Haftpflichtversicherung muss eine klare Abgrenzung der Gefahrenbereiche vorgenommen werden, um die Betriebshaftpflichtversicherung von anderen Haftpflichtversicherungsarten abzugrenzen.
In der Privathaftpflichtversicherung wird die gesetzliche Haftpflicht des Versicherungsnehmers als Privatperson aus den Gefahren des täglichen Lebens mit Ausnahme der Gefahren eines Betriebes, Berufes, Dienstes oder Amtes versichert. Eine Überschneidung mit der Deckung der Betriebshaftpflichtversicherung ergibt sich damit nicht.
Im Bereich von Beratungs- und Dienstleistungsberufen stehen andere Schadensarten im Vordergrund. Die fehlerhafte Beratung etwa eines Steuerberaters verursacht in der Regel keinen Personen- oder Sachschaden, sondern reine Vermögensschäden. Die passende Haftpflichtversicherungsart ist hier die Berufshaftpflichtversicherung. In der Betriebshaftpflichtversicherung sind dagegen reine Vermögensschäden in der Regel ausgeschlossen.
Das durch die Betriebshaftpflichtversicherung gedeckte Betriebsstättenrisiko umfasst grundsätzlich auch Personen- und Sachschäden, die durch fehlerhafte Produkte verursacht werden. Reine Vermögensschäden sind dabei jedoch in der Regel durch die AHB ausgeschlossen. Diese lassen sich durch die Vereinbarung einer Produkthaftpflichtversicherung nach dem sog. Produkthaftpflicht-Modell in die Deckung einschließen.
Die Produkthaftpflicht-Deckung umfasst Schäden, die durch fehlerhaft hergestellte oder gelieferte Erzeugnisse verursacht worden sind. Dies ist der wesentliche Unterschied zur Deckung des Betriebsstättenrisikos: Nach der Inverkehrgabe des fehlerhaften Produkts ist nicht mehr das Betriebsstättenrisiko, sondern das Produkthaftpflichtrisiko nach dem Produkthaftpflicht-Modell betroffen. Vorrangig gelten dann die Besonderen Bedingungen nach dem Produkthaftpflicht-Modell, die AHB bleiben als Auffangregelungen von Bedeutung (sog. unechte Nullstellung).
Haftpflichtansprüche gegen den Versicherungsnehmer, die aus Umweltschäden resultieren, sind in der Regel durch die AHB von der Betriebshaftpflicht-Deckung ausgeschlossen. Umweltschäden können als Zusatzbaustein in den Versicherungsvertrag mit aufgenommen werden. Diese Nullstellung vermeidet Deckungsüberlappungen zwischen Betriebs- und Umwelthaftpflichtversicherung. Für den Risikobereich der Umwelthaftung gehen die Umwelthaftpflicht-Bedingungen den ergänzend geltenden AHB als speziellere Regelungen vor.
Das Betriebsstättenrisiko beinhaltet grundsätzlich alle Risiken, die das Innehaben des in der Risikobeschreibung konkretisierten Betriebes mit sich bringt. Insbesondere werden solche Risiken erfasst, die aus der Haftpflicht für die Verkehrssicherheit der Betriebsstätte resultieren. Dazu gehört beispielsweise auch die gesetzliche Haftpflicht aus Grund- und Gebäudebesitz und –eigentum. Nicht Teil des Betriebsstättenrisikos sind Kraft-, Luft- und Wasserfahrzeuge, die zusätzlich versichert werden müssen (siehe etwa Kraftfahrzeughaftpflichtversicherung). Dies gilt jedoch nicht für selbstfahrende Arbeitsmaschinen, die lediglich auf dem Werksgelände verkehren, wie zum Beispiel Gapelstapler.
In der Industriehaftpflichtversicherung, bei der typischerweise nicht nur eine einzelne Betriebsstätte vorhanden ist, kommt es darauf an, eine vollständige Auflistung aller Betriebsstätten und Tätigkeiten eines Betriebs zu erstellen, um alle betriebs- und branchenüblichen Haupt- und Nebenrisiken in die Versicherung mit einzubeziehen. Reine Hilfstätigkeiten sind dabei mitversichert, ohne dass sie im Vertrag einzeln erwähnt zu werden brauchen.
Ziff. 1.1 AHB beschränkt die Deckung auf gesetzliche Haftpflichtbestimmungen, die zur Schadenersatzleistung verpflichten. Die Vertragserfüllung ist daher nicht Gegenstand der Deckung; auch Gewährleistungsansprüche sind damit ausgenommen. Die Abgrenzung kann im Einzelfall problematisch sein.
Nicht eingeschlossen sind Haftpflichtansprüche wegen Schäden an fremden Sachen, die der Versicherungsnehmer gemietet, geliehen oder gepachtet hat. Diese Schäden werden damit so behandelt, als ob sie an Sachen entstanden wären, die im Eigentum des Versicherungsnehmers stehen.
Neben dem Betriebsinhaber (der auch juristische Person sein kann) deckt die Betriebshaftpflichtversicherung gemäß § 151 VVG auch Schäden, die durch Vertreter des Versicherungsnehmers oder durch vom Versicherungsnehmer zur Leitung und Beaufsichtigung angestellte Personen verursacht werden. Häufig wird der Versicherungsschutz vertraglich auch auf alle weiteren Betriebsangehörigen ausgedehnt. Für die Mitversicherten gilt aber ein Haftungsausschluss bei Personenschäden aus Arbeitsunfällen. Dies steht in Zusammenhang mit der besonderen Regulierung von Arbeitsunfällen durch die Sozialversicherung und damit verbundener Regressmöglichkeiten.
Der Versicherungsfall ist in der Betriebshaftpflichtversicherung grundsätzlich das sog. Schadenereignis, das Haftpflichtansprüche gegen den Versicherungsnehmer zur Folge hat. Die genaue Bestimmung des Versicherungsfalls ist umstritten und kann im Einzelfall problematisch sein.
Grundsätzlich vom Betriebshaftpflichtversicherungsschutz ausgenommen sind Haftpflichtansprüche, die aus im Ausland eintretenden Schadenereignissen folgen. In der Praxis werden solche Ansprüche häufig durch Vereinbarung des Auslandsmodells (Besondere Bedingung für den Einschluss von Auslandsschäden in die Betriebshaftpflichtversicherung) gegen entsprechende Prämienerhöhung wieder in die Deckung mit einbezogen. Zu unterscheiden ist dabei zwischen solchen Auslandsrisiken, die aus Aktivitäten des Versicherungsnehmers im Ausland entstehen, wie etwa Geschäftsreisen oder Teilnahme an Messen, und sog. indirekten Exporten: dabei gelangen Produkte des Herstellers und Versicherungsnehmers ins Ausland (durch Weiterverarbeitung oder –verkauf), ohne dass sie vom Hersteller dorthin geliefert worden sind.