Glossar: Subsidiaritätsklausel

Das Wort Subsidiarität kommt aus dem Lateinischen von subsidium „Hilfe, Reserve“. Die Etymologie des Wortes birgt die Erklärung des Begriffs recht anschaulich. Der Begriff der Subsidiarität ist in den Staats- Wirtschafts- und Gesellschaftswissenschaften in jeweils spezifischem Kontext vielfältig belegt. Dies gilt ebenso für die Rechtswissenschaft.

Im spezifisch versicherungsrechtlichen Kontext bedeutet Subsidiarität, dass ein Rangverhältnis zwischen zwei oder mehreren Schadenversicherungen bei einem oder mehreren verschiedenen Versicherern besteht, die rechtlich oder wirtschaftlich dasselbe versicherte Risiko –versichertes Interesse - betreffen. Die nachrangige Versicherung greift nur „hilfsweise", wenn die an sich vorrangige Versicherung aus irgendwelchen Gründen nicht leisten muss.  Dieses Rangverhältnis wird entweder durch eine sog. Subsidiaritätsklausel oder auch Vorrangklausel ausdrücklich geklärt, oder ist durch Auslegung der den jeweiligen Versicherungsverhältnissen zu Grunde liegenden Versicherungsverträge und -bedingungen zu ermitteln. Die subsidiäre Versicherung kommt erst dann zum Tragen, wenn eine andere Versicherung nicht leisten muss. Mit der Subsidiaritätsklausel wird also der konkurrierenden Versicherung das Risiko der endgültigen Schadensdeckung zugwiesen.

Es finden sich unterschiedliche Arten von Versuchen zur Regelung dieses Problems. Es wird unterschieden zwischen einfacher Subsidiaritätsklausel und qualifizierter Subsidiaritätsklausel

Eine einfache Subsidiaritätsklausel bestimmt, dass der Versicherungsnehmer oder Versicherte eine Versicherungsleistung nicht beanspruchen kann, wenn und soweiter eine Entschädigungsleistung wegen des selben Interesses aus einem anderen Versicherungsvertrag verlangen kann. Existiert für die durch den betroffenen Vertrag versicherten Personen bei Eintritt des Versicherungsfalles kein anderer durchsetzbarer Anspruch auf Versicherungsleistung gegen den anderen Versicherer, dann deckt die subsidiäre Versicherung. Ohne Belang ist wesewegen kein anderweitiger Versicherungsschutz besteht.

Eine qualifizierte Subsidiaritätsklausel regelt hingegen, dass kein Anspruch auf Versicherungsleistung geltend gemacht werden kann, wenn das vom Schaden betroffene Interesse anderweitig versichert ist. Es kommt dabei nicht darauf an, ob der andere Versicherer aus dem konkurrierenden Versicherungsvertrag leisten muss oder nicht.


Subsidiaritätsklauseln sollen also dazu dienen, das Rangverhältnis verschiedener Versicherungen bezüglich eines versicherten Interesses zu klären, vor allem die Folgen echter Mehrfachversicherung - §§ 78, 79 VVG – (§§ 59, 60 VVG a. F., Doppelversicherung) zu verhindern. Sie sollen den Versicherungsanspruch der subsidiären Versicherung ausschließen. Mit einer Subsidiaritätsklausel kann aber auch die mehrfache Schadensdeckung im Fall eines Zusammentreffens verschiedener Versicherungen in einem Schadensfall verhindert werden. Dabei kann es zu dem Problem der konkurrierenden Subsidiaritätsklausel kommen, das sind Subsidiaritätsklauseln die beim Zusammentreffen von Versicherungen, die dasselbe Risiko betreffen, der jeweils anderen Versicherung den Vorrang zuweisen, so dass sich die Frage stellt, welcher Versicherer bei Zusammentreffen derartiger Klauseln zur Leistung verpflichtet ist.

von Rechtsanwalt und Fachanwalt für Versicherungsrecht Michael Prettl LL.M.

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