- Rechtsgebiet:
- Gebäudeversicherung
Versicherungsrecht, Gebäudeversicherung, Leitungswasserversicherung: BGH Urteil vom 27.06.2012 IV ZR 212/10, Schwammschadensklausel, Schwamm, Echter Hausschwamm, Brauner Kellerschwamm, Porenschwamm, Blattling, Bauholzpilz, Hausfäulepilz
Die Leistungsausschlussklausel für "Schäden durch Schwamm" erfasst wirksam Schäden durch alle Hausfäulepilze.
Der für das Versicherungsvertragsrecht zuständige IV. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hatte einen Fall von erheblicher praktischer Relevanz zu entscheiden. Ein Hauseigentümer hatte einen versicherten Leitungswasserschaden (Heizungswasser) an seinem Wohngebäude erlitten. Infolge mangelhafter Sanierung dieses Wasserschadens kam es zum Befall der von dem Heizwasseraustritt betroffenen Holzteile der Fußboden-/Deckenkonstruktion mit "Braunem Kellerschwamm". Der Versicherungsnehmer beanspruchte eine weitere Entschädigungsleistung in Höhe der von ihm für die Sanierung des Schwammbefalls aufgewandten Kosten. Gegen eine von den Oberlandesgerichten Koblenz und Jena vertretene einschränkende Auslegung - teleologische Reduktion -, nach der von dem Leistungsausschluss des § 9 Abs. 4e VGB 88, dem Vertrag lag eine diesen Bedingungen entsprechende Klausel zu Grunde, nur der "Echte Hausschwamm" erfasst sei, hat der Senat entschieden, dass
- eine solche Einschränkung des Leistungsausschlusses dieser Klausel nach den vom BGH entwickelten Grundsätzen zur Bedingungsauslegung nicht zu entnemen ist,
- diese Schwammschadensklausel auch nicht einschränkend so ausgelegt werden kann, dass ein Schwammbefall, der erst durch den bedingungsgemäßen Leitungswasseraustritt verursacht ist, nicht von dem Leistungsausschluss erfasst sein soll,
- dass diese Leistungsausschlussklausel auch bei der gebotenen uneingeschränkten Auslegung weder unklar i. S. v. § 305c Abs. 2 BGB noch intransparent i. S. v. § 307 Abs. 1 S. 2 BGB ist und
- auch einer Inhaltskontrolle nach den §§ 307 BGB stand hält, also den Versicherungsnehmer nicht unangemessen benachteilgit.
Der Senat ergreift wieder einmal die Gelegenheit das Ergebnis einer Bedingungsauslegung durch ein Oberlandesgericht, welches nicht den von Senat entwickelten Auslegungsgrundsätzen hinreichend genügt, zu kassieren und dabei diese Grundsätze abermals programmatisch darzustellen. Der Senat: Versicherungsbedingungen sind nicht gesetzesähnlich, sondern so auszulegen, wie ein durchschnittlicher Versicherungsnehmer sie bei verständiger Würdigung, aufmerksamer Durchsicht und Berücksichtigung des erkennbaren Sinnzusam-menhangs verstehen muss (Senatsurteil vom 23. Juni 1993 IV ZR 135/92, BGHZ 123, 83, 85 m.w.N. und ständig). Dabei kommt es auf die Verständnismöglichkeiten eines Versicherungsnehmers ohne versicherungsrechtliche Spezialkenntnisse an. Er wird sich in erster Linie am Bedingungswortlaut orientieren. Für eine an diesen Grundsätzen ausgerichtete Auslegung ist mithin nicht maßgeblich, was sich der Verfasser der Bedingungen bei ihrer Abfassung vorstellte (Senatsurteil vom 2. Oktober 1985 IVa ZR 184/83, VersR 1986, 177, 178). Die dem Versicherungsnehmer typischerweise unbekannte Entstehungsgeschichte von Versicherungsbedingungen hat bei ihrer Auslegung außer Betracht zu bleiben; auch versicherungswirtschaftliche Überlegungen können allenfalls insoweit Berücksichtigung finden, wie sie sich dem Versicherungsnehmer aus dem Bedingungswortlaut unmittelbar erschließen (st. Rspr., vgl. Senatsurteile vom 9. Dezember 1987 IVa ZR 151/86, VersR 1988, 282 unter II; vom 18. Dezember 1991 IV ZR 204/90, VersR 1992, 349 unter 3; vom 6. März 1996 IV ZR 275/95, VersR 1996, 622 unter 3 b; vom 17. Mai 2000 IV ZR 113/99, VersR 2000, 1090 unter 2 a).
Für die Auslegung einer Risikoausschlussklausel gilt nichts anderes. Zwar sind solche Klauseln grundsätzlich eng und nicht weiter auszulegen, als es ihr Sinn unter Beachtung ihres wirtschaftlichen Zwecks und der gewählten Ausdrucksweise erfordert (Senatsurteile vom 23. November 1994 IV ZR 48/94, VersR 1995, 162 unter 3 b; vom 17. März 1999 IV ZR 89/98, NVersZ 1999, 394 unter 2 a; vom 17. Mai 2000 aaO unter 2 b). Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts und des Oberlandesgerichts Koblenz (r+s 2007, 326) kommt es aber auch in diesem Rahmen für die Ermittlung des Zwecks der Ausschlussklausel auf deren dem Versicherungsnehmer aus dem Klauselwortlaut nicht erschließbare Entstehungsgeschichte oder zugrunde liegende wirtschaftliche Erwägungen des Versicherers selbst dann nicht an, wenn deren Berücksichtigung zu einem dem Versicherungsnehmer günstigeren Ergebnis führen könnte (Senatsurteil vom 25. September 2002 IV ZR 248/01, r+s 2003, 16 unter 2 a). Denn auch die für Risikoausschlussklauseln geltende Auslegungsregel beruht weder auf einer (die Entstehungsgeschichte einbeziehenden) "gesetzesähnlichen" Auslegung noch setzt sie eine solche voraus. Vielmehr erfährt diese Regel gerade durch eine Auslegung, die auf die Verständnismöglichkeiten eines durchschnittlichen Versicherungsnehmers abstellt, Rechtfertigung und Sinn (vgl. Senatsurteil vom 17. März 1999 aaO). Es besteht, wie der Senat schon mehrfach ausgesprochen hat (Senatsurteile vom 17. Mai 2000 aaO unter 2 c; vom 17. März 1999 aaO), kein Anlass, insoweit für die Auslegung von Risikoausschlussklauseln zur gesetzesmäßigen Auslegung zurückzukehren. Anhand dieses "Auslegungsprogrammes" nimmt der Senat sodann die Auslegung der zu prüfenden Klausel vor und gelangt zu dem Eingangs mitgeteilten Auslegungsergebnis VGB 88 § 9 Abs. 4e Nicht versicherte Schäden ...... Der Versicherungsschutz gegen Leitungswasser erstreckt sich ohne Rucksicht auf mitwirkende Ursachen nicht auf Schaden durch .....
e) Schwamm