• Rechtsgebiet:
  • Haftpflichtversicherung
  • Verkehrsunfall

130%-Grenze, Haftung, Haftpflicht, Schadenersatz, Integritätsinteresse, Kfz-Haftplicht, Reparaturkostenersatz, fiktive Schadensabrechnung, Teilreparatur, Kostenschätzung, Darlegungslast, Allgemeine Bedingungen für die Kfz-Versicherung AKB 2008

BGH Urteil vom 08.12.2009, Az.: IV ZR 119/09 In den Fällen, in denen der Reparaturaufwand bis zu 30 % über dem Wiederbeschaffungswert des Fahrzeugs liegt, können Reparaturkosten nur bei konkreter Schadensabrechnung ersetzt verlangt werden.

30.12.2009

Mit dem vorliegenden Urteil setzt der VI. Zivilsenat, der u.a. für das Kfz-Haftpflichtrecht zuständig ist, die Detailarbeit an der Rechtsprechung zur sogenannten 130% - Grenze fort. Der Senat hatte zuletzt mit einem Urteil vom 03.03.2009, Az.: - VI ZR 100/08 an der Abrundung seiner Rechtsprechung gearbeitet.
Damals ging es um die Klärung der Frage wie zu ermitteln ist, ob die vom Sachverständigen ermittelten Reparaturkosten den Wiederbeschaffungswert übersteigen. Während der damalige Kläger seiner Berechnung die Nettoreparaturkosten zu Grunde legte, wohingegen die Beklagte die nach der Rechtsprechung des Senats erforderliche Vergleichsbe-trachtung auf der Grundlage der jeweils in Rede stehenden Bruttobeträge durchführte, also incl. Mehrwertsteuer und zu dem Ergebnis kam, dass die 130% Grenze überschritten sei. Folgerichtig regulierte die Beklagte auf Totalschadensbasis und erstattete nur die Differenz zwischen Wie-derbeschaffungswert und Restwert. Mit dem nun vorliegenden Urteil vom 08.12.2009 klärt der Senat die Frage, wie zu regulieren  ist, wenn die vom Sachverständigen ermittelten Reparaturkosten den Wiederbeschaffungswert übersteigen, der Geschädigte aber sein Fahrzeug lediglich instand setzt und es weiter nutzt, also lediglich eine Teilreparatur durchführt und im Übrigen bis zur 130%-Grenze Zahlung beansprucht. Der Senat hat diese Frage unter erneutem Verweis auf die Grundsätze der Urteile vom 15.10.1991  VI ZR 67/91 und VI ZR 314/90 sowie vom 15.02.2005  VI ZR 70/04 und VI ZR 172/04  entschieden: a) In den Fällen, in denen der Reparaturaufwand bis zu 30 % über dem Wiederbeschaffungswert des Fahrzeugs liegt, können Reparaturkosten nur bei konkreter Schadensabrechnung ersetzt verlangt werden.
b) Ersatz von Reparaturaufwand bis zu 30 % über dem Wiederbeschaffungswert des Fahr-zeugs kann dabei nur verlangt werden, wenn die Reparatur fachgerecht und in einem Umfang durchgeführt wird, wie ihn der Sachverständige zur Grundlage seiner Kostenschätzung gemacht hat (Senatsurteile BGHZ 154, 395 und 162, 161).
c)     Reparaturkosten für eine Teilreparatur, die über dem Wiederbeschaffungs-aufwand des Fahrzeugs liegen und den Wiederbeschaffungswert nicht übersteigen, können in diesen Fällen ebenfalls nur dann zuerkannt werden, wenn diese Reparaturkosten konkret angefallen sind oder wenn der Geschädigte nachweisbar wertmäßig in einem Umfang repariert hat, der den Wiederbeschaffungsaufwand übersteigt; anderenfalls ist die Höhe des Ersatzanspruchs auf den Wiederbeschaffungsaufwand beschränkt (Senatsurteil BGHZ 162, 170).

Der Senat hebt wiederum deutlich hervor, dass Reparaturkostenersatz über den Wiederbeschaffungswert hinaus bis zur 130% Grenze nur und ausschließlich dann beansprucht werden kann, wenn auch tatsächlich fachgerecht instand gesetzt werde und dies substantiiert vorgetragen und nachgewiesen sei. Der Senat:
„Ersatz von Reparaturaufwand bis zu 30 % über dem Wiederbeschaffungswert des Fahrzeugs kann dabei nur verlangt werden, wenn die Reparatur fachgerecht und in einem Umfang durchgeführt wird, wie ihn der Sachverständige zur Grundlage seiner Kostenschätzung gemacht hat (Se-natsurteile BGHZ 154, 395, 400 und 162, 161, 167 f.). Reparaturkosten für eine Teilreparatur, die über dem Wiederbeschaffungsaufwand des Fahrzeugs liegen und den Wiederbeschaffungswert nicht übersteigen, können in diesen Fällen ebenfalls nur dann zuerkannt werden, wenn diese Reparaturkosten konkret angefallen sind oder wenn der Geschädigte nachweisbar wertmäßig in einem Umfang repariert hat, der den Wiederbeschaffungsaufwand übersteigt; anderenfalls ist die Höhe des Ersatzanspruchs auf den Wiederbeschaffungsaufwand beschränkt (Senatsurteil BGHZ 162, 170).“

„Erfolglos bleibt schließlich die Verfahrensrüge der Revision, das Berufungsgericht hätte den vom Kläger für seine ergänzende Behauptung angebotenen Sachverständigenbeweis, dass das Fahrzeug in einem Umfang repariert worden sei, der den Wiederbeschaffungsaufwand deutlich übersteige, erheben müssen. Das Berufungsgericht hat den angebotenen Sachverständigenbeweis mit der verfahrensfehlerfreien Begründung nicht erhoben, der Kläger habe hinsichtlich des Umfangs und des Wertes der Reparatur nicht substantiiert vorgetragen. Der von der Revision für ihre gegenteilige Auffassung herangezogene Umstand, dass dem Kläger eine Beurteilung des Wertes der durchgeführten Reparatur ohne Hilfe eines Sachverständigen nicht möglich gewesen sei, enthebt diesen nicht von seiner Darlegungslast im Rahmen des § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB.“

§ 249 Art und Umfang des Schadensersatzes

(1) Wer zum Schadensersatz verpflichtet ist, hat den Zustand herzustellen, der bestehen würde, wenn der zum Ersatz verpflichtende Umstand nicht eingetreten wäre.
(2) Ist wegen Verletzung einer Person oder wegen Beschädigung einer Sache Schadensersatz zu leisten, so kann der Gläubiger statt der Herstellung den dazu erforderlichen Geldbetrag verlangen. Bei der Beschädigung einer Sache schließt der nach Satz 1 erforderliche Geldbet-rag die Umsatzsteuer nur mit ein, wenn und soweit sie tatsächlich angefallen ist.

§ 251 Schadensersatz in Geld ohne Fristsetzung

(1) Soweit die Herstellung nicht möglich oder zur Entschädigung des Gläubigers nicht genü-gend ist, hat der Ersatzpflichtige den Gläubiger in Geld zu entschädigen.
(2) Der Ersatzpflichtige kann den Gläubiger in Geld entschädigen, wenn die Herstellung nur mit unverhältnismäßigen Aufwendungen möglich ist. Die aus der Heilbehandlung eines ver-letzten Tieres entstandenen Aufwendungen sind nicht bereits dann unverhältnismäßig, wenn sie dessen Wert erheblich übersteigen.

Allgemeine Bedingungen für die Kfz-Versicherung

AKB 2008 (Musterbedingungen GDV)

A.1 Kfz-Haftpflichtversicherung –
für Schäden, die Sie mit Ihrem Fahrzeug Anderen zufügen

A.1.1 Was ist versichert?

Sie haben mit Ihrem Fahrzeug einen Anderen geschädigt
A.1.1.1 Wir stellen Sie von Schadenersatzansprüchen frei, wenn durch den Gebrauch des Fahrzeugs a Personen verletzt oder getötet werden,
b Sachen beschädigt oder zerstört werden oder abhanden kommen,
c Vermögensschäden verursacht werden, die weder mit einem Personen- noch mit einem Sachschaden mittelbar oder unmittelbar zusammenhängen (reine Vermögensschäden), und deswegen gegen Sie oder uns Schadenersatzansprüche aufgrund von Haftpflichtbestimmungen
des Bürgerlichen Gesetzbuchs oder des Straßenverkehrsgesetzes oder aufgrund anderer gesetzlicher Haftpflichtbestimmungen des Privatrechts geltend gemacht werden.
Zum Gebrauch des Fahrzeugs gehört neben dem Fahren z.B. das Ein- und Aussteigen sowie das Be- und Entladen.