- Rechtsgebiet:
- Verkehrsunfall
- Haftpflichtversicherung
130%-Grenze, Haftung, Haftpflicht, Schadenersatz, Integritätsinteresse, Kfz-Haftplicht, Reparaturkostenersatz, fiktive Abrechnung, Entschädigung, Allgemeine Bedingungen für die Kfz-Versicherung AKB 2008
BGH Urteil vom 14.12.2010, Az.: IV ZR 231/09 Der Geschädigte kann Ersatz der angefallenen Reparaturkosten verlangen, wenn es ihm entgegen der Einschätzung des vorgerichtlichen Sachverständigen gelungen ist, eine fachgerechte und den Vorgaben des Sachverständigen entsprechende Reparatur durchzuführen, deren Kosten den Wiederbeschaffungswert nicht übersteigt.
Der VI. Zivilsenat hatte zuletzt mit Urteil vom 02.03.2010 – Az.: VI ZR 144/09 die Frage geklärt ob im Falle der Beschädigung eines Unikat anzusehenden Kraftfahrzeuges, das vergleichbar am Markt nicht wiederbeschafft werden kann, eine fiktive Abrechnung von Reparaturkosten möglich sei. Diese Möglichkeit hatte der Senat verneint.
Mit dem vorliegenden Urteil feilt der VI. Zivilsenat, der u.a. für das Kfz-Haftpflichtrecht zuständig ist, die Rechtsprechung zur sogenannten 130% - Grenze weiter aus.
Die Klägerin hatte einen Kfz-Schaden erlitten. Der von ihr mit der Erstellung eines Gutach-tens zum Schadensumfang beauftragte Sachverständige ermittelte in seinem Gutachten vor-aussichtliche Reparaturkosten in Höhe von 3.746,73 € brutto, einen Wiederbeschaffungswert in Höhe von 2.200 € und einen Restwert in Höhe von 800 €. Die Klägerin hat das Fahrzeug den Vorgaben des Sachverständigen entsprechend - allerdings unter Verwendung von Gebrauchtteilen - gegen Zahlung von 2.139,70 € brutto reparieren lassen und bis Anfang Juni 2008 weiter genutzt.
Da die Klägerin das Fahrzeug vollständig und fachgerecht hatte reparieren lassen und dieses auch noch für die Dauer von sechs Monaten selbst genutzt hatte, sah sie sich in vermeintlicher Übereinstimmung mit der ständigen Rechtsprechung des Senats befugt, Reparaturkosten bis zur Höhe von 30% über dem Wiederbeschaffungswert zu beanspruchen. Nicht so der Senat!
Der Senat:
„Nach der Rechtsprechung des Senats können jedoch Reparaturkosten, die über dem Wiederbeschaffungswert des Fahrzeugs liegen, bis zur so genannten 130%-Grenze nur verlangt werden, wenn sie tatsächlich angefallen sind und die Reparatur fachgerecht und zumindest wertmäßig in einem Umfang durchgeführt wird, wie ihn der Sachverständige zur Grundlage seiner Kostenschätzung gemacht hat (vgl. Senatsurteile vom 15. Februar 2005 - VI ZR 70/04, BGHZ 162, 161, 167 ff.; vom 8. Dezember 2009 - VI ZR 119/09, VersR 2010, 363 Rn. 5 ff.). Entgegen der Auffassung der Klägerin ist damit nicht die generelle Möglichkeit einer fiktiven Schadensabrechnung bis zur 130%-Grenze eröffnet. Die Klägerin kann mithin über die bereits gezahlten konkret angefallenen Reparaturkosten hinaus nicht den Ersatz weiterer Reparaturkosten verlangen.“
§ 249 Art und Umfang des Schadensersatzes
(1) Wer zum Schadensersatz verpflichtet ist, hat den Zustand herzustellen, der bestehen würde, wenn der zum Ersatz verpflichtende Umstand nicht eingetreten wäre.(2) Ist wegen Verletzung einer Person oder wegen Beschädigung einer Sache Schadensersatz zu leisten, so kann der Gläubiger statt der Herstellung den dazu erforderlichen Geldbetrag verlangen. Bei der Beschädigung einer Sache schließt der nach Satz 1 erforderliche Geldbetrag die Umsatzsteuer nur mit ein, wenn und soweit sie tatsächlich angefallen ist.
§ 251 Schadensersatz in Geld ohne Fristsetzung
(1) Soweit die Herstellung nicht möglich oder zur Entschädigung des Gläubigers nicht gen-gend ist, hat der Ersatzpflichtige den Gläubiger in Geld zu entschädigen.(2) Der Ersatzpflichtige kann den Gläubiger in Geld entschädigen, wenn die Herstellung nur mit unverhältnismäßigen Aufwendungen möglich ist. Die aus der Heilbehandlung eines verletzten Tieres entstandenen Aufwendungen sind nicht bereits dann unverhältnismäßig, wenn sie dessen Wert erheblich übersteigen.
Allgemeine Bedingungen für die Kfz-Versicherung
AKB 2008 (Musterbedingungen GDV)
A.1 Kfz-Haftpflichtversicherung –für Schäden, die Sie mit Ihrem Fahrzeug Anderen zufügen
A.1.1 Was ist versichert?
Sie haben mit Ihrem Fahrzeug einen Anderen geschädigt
A.1.1.1 Wir stellen Sie von Schadenersatzansprüchen frei, wenn durch den Gebrauch des Fahrzeugs
a Personen verletzt oder getötet werden,
b Sachen beschädigt oder zerstört werden oder abhanden kommen,
c Vermögensschäden verursacht werden, die weder mit einem Personen- noch mit einem
Sachschaden mittelbar oder unmittelbar zusammenhängen (reine Vermögensschäden),
und deswegen gegen Sie oder uns Schadenersatzansprüche aufgrund von Haftpflichtbe-stimmungen des Bürgerlichen Gesetzbuchs oder des Straßenverkehrsgesetzes oder aufgrund
anderer gesetzlicher Haftpflichtbestimmungen des Privatrechts geltend gemacht werden.
Zum Gebrauch des Fahrzeugs gehört neben dem Fahren z.B. das Ein- und Aussteigen
sowie das Be- und Entladen.